Palais Bellevue

Palais Bellevue, Foto: Mathias Völzke

Eines der wenigen historischen Gebäude im Kasseler Zentrum, das die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs relativ unbeschadet überstanden hat, ist das zu Beginn des 18. Jahrhunderts für den Landgrafen Karl von Hessen-Kassel gebaute Palais Bellevue. Es folgte Entwürfen des hugenottischen Geflüchteten Paul du Ry, dessen Enkel Simon Louis du Ry später das Fridericianum bauen sollte. Das Palais Bellevue war ursprünglich als Observatorium geplant, wurde aber kurz darauf in eine königliche Residenz verwandelt: Während der kurzen Regentschaft von Jérôme Bonaparte als König von Westphalen diente es ihm nach dem Brand des repräsentativeren Residenzschlosses als Wohnsitz. In dieser Zeit öffnete es dem berühmten Sohn der Stadt Jacob Grimm seine Pforten, der in den 1810er Jahren als Jérômes Bibliothekar wirkte. Als die gegenüberliegende Neue Galerie in Trümmern lag, war im Palais Bellevue die städtische Kunstsammlung untergebracht. Von 1972 bis 2014 beherbergte das Palais das Brüder-Grimm-Museum, bis es seine Rolle als Erinnerungsort an die neue Grimmwelt Kassel abtrat.

Erinnerungen an gewaltsame Konflikte und damit verknüpfte Territorialfragen prägen die Konstellation von Arbeiten im Palais Bellevue. Die meisten von ihnen setzen sich mit dem Thema Trauma auseinander, das in verschiedenen Schrecken des Krieges wurzelt. Im Unterschied dazu rücken die namensgebende schöne Aussicht über den ausgedehnten darunter liegenden Auepark sowie die Schlossgespenster zweier Schlüsselfiguren der Romantik das Ensemble der hier ausgestellten Werke in Richtung einer Befragung der Landschaft als politisches Projekt, in Richtung Natur als Kultur.

Gepostet in Öffentliche Ausstellung