Dan Peterman

Barrengott (13.–12. Jahrhundert v. Chr.), Kupfer, Enkomi, Zypern, courtesy the Department of Antiquities, Cyprus (links); Titelseite der Fachzeitschrift der Stahlwerke Röchling, Hannover, 1968 (rechts)

Dan Peterman, Athens Ingot Project (Copper), 2017, verschiedene Materialien, EMST – Nationales Museum für Zeitgenössische Kunst, Athen, documenta 14, Foto: Stathis Mamalakis

Dan Peterman, Athens Ingot Project (Copper), 2017, verschiedene Materialien, Numismatisches Museum, Athen, documenta 14, Foto: Stathis Mamalakis

Dan Peterman, Kassel Ingot Project (Iron), 2017, Eisenbarren, Installationsansicht, Neue Neue Galerie (Neue Hauptpost), Kassel, documenta 14, Foto: Mathias Völzke

Seit Anfang der 1980er Jahre arbeitet Dan Peterman, geboren 1960 in Minneapolis, an der Schnittstelle zwischen klassischen Fragen der Bildhauerkunst – Form, Masse, Volumen – und drängenden ökologischen und sozioökonomischen Problemen. Damals zog der Künstler in die einstige Recycling-fabrik, die seitdem sein Atelier in der South Side von Chicago beherbergt – Teil eines größeren Komplexes namens Experimental Station, der sich zu einem wichtigen frühen Zentrum jener „sozial engagierten“ zeitgenössischen Kunst entwickelt hat, die so eng mit der Stadt Chicago verbunden ist.

Ausgehend von seinem Interesse für alternative Ökonomien und die Logik von Kreislauf- und Recyclingprozessen konzentriert sich Petermans Arbeit für die documenta 14 vornehmlich auf zwei Materialien, die beide kunsthistorisch mit Bedeutung aufgeladen sind und deren Verknüpfung die schwierigen Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Griechenland sehr genau widerspiegelt: Stahl und Kupfer (oder Kupferlegierungen wie Bronze).

Durch die zufällige Begegnung mit einer kleinen, als „Barrengott“ bezeichneten zypriotischen Statue (in der Antike stammte der Großteil des Kupfers im östlichen Mittelmeerraum aus Zypern) wurde Peterman auf die Idee des Barrens als Maßeinheit oder Archetyp, als elementare materielle Form aufmerksam – tatsächlich eine weitere Währungsart in einer globalen Ökonomie, die permanent gefangen ist zwischen trügerischen Dematerialisierungsversprechen einerseits und der brutalen Wirklichkeit nicht reduzierbarer Materialität andererseits.

Ausflüge zu den historischen Stätten deutscher industrieller Macht in Vergangenheit und Gegenwart – darunter saarländische Stahlwerke, in denen einige der größten Außenskulpturen der Welt hergestellt werden, und Fabrikanlagen in Kassel, die in Deutschlands wechselvoller militärischer Geschichte eine wichtige Rolle spielten – sowie in den Untergrund der florierenden Ökonomie des Müllsammelns in Athen resultierten in einer Reihe von ortsspezifischen Interventionen. Diese reichen von einem Workshop in Kupfergießen bis zu einer Spur aus Eisenbarren, die von einer auf das Recycling von Eisenstaub spezialisierten Fabrik stammen und über den gesamten Ausstellungsparcours verteilt sind. Ihre Anordnung erinnert an den klassischen amerikanischen Minimalismus, verweist aber gleichzeitig auch auf den unablässigen Strom an „Material“, der die Weltwirtschaft am Laufen hält. Und natürlich denkt man – bezeichnend für unsere Zeit weltweiter gewaltsamer Umbrüche – an die unsterblichen Worte Otto von Bismarcks, Vater des modernen deutschen Staates: „Nicht durch Reden oder Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden [...], sondern durch Eisen und Blut.“

— Dieter Roelstraete

Gepostet in Öffentliche Ausstellung
Auszug aus dem documenta 14: Daybook