Friedrichsplatz

Friedrichsplatz, Foto: Mathias Völzke

Der Ende des 18. Jahrhunderts angelegte Friedrichsplatz, der bei der Erweiterung des mittelalterlichen Kassels in Richtung der prosperierenden Hugenottensiedlung entstand, diente wiederholt als Bühne der Demonstration politischer und militärischer Macht. Das Denkmal des Landgrafen Friedrich II. von Hessen-Kassel blickt auf sein geschätztes Museum. Das Dritte Reich nutzte den riesigen Platz für Militärparaden und verhängte alle umliegenden Gebäude mit schwarz-weiß-roten Hakenkreuzfahnen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Friedrichsplatz zu einem Zentrum der Erneuerung. Die Frankfurter Straße teilte ihn in zwei Teile, um dem zunehmenden Strom der Autos – und dem damit verknüpften Traum der Moderne – gerecht zu werden; in der wichtigsten Kulturstätte des Platzes, dem Fridericianum, fand 1955 die erste documenta statt, ein weiteres deutliches Symbol kultureller Wiederherstellung. Seitdem hat sich der Friedrichsplatz zu einem heterochronen Marktplatz entwickelt. Der Platz selber ist die meiste Zeit leer, während die städtischen Kulturinstitutionen an der Nordseite sowie die verschwindenden Läden an der Südseite, Stützpfeiler der lokalen Wirtschaft vergangener Jahrzehnte, der unaufhaltsamen Übernahme der Oberen Königsstraße durch die heute typischen globalen Geschäftsketten zuschauen.

Auf dem Friedrichsplatz ragt Marta Minujíns The Parthenon of Books (Der Parthenon der Bücher, 1983/2017) empor und trägt nicht nur zur Geschichte der documenta 14, sondern auch zu ihrer Verlagerung bei. Seine Säulen aus verbotenen Büchern sind ein Echo des Klassizismus, der die Säulen des Fridericianum und seiner Kunstgeschichten im Innern anregte. Während Walter De Marias stille, große permanente Installation auf dem Platz dazu einlädt, einen Kilometer in die Erde zu reisen, erinnert uns Hiwa Ks Denkmal für die documenta 14 an eine längere Reise auf der Oberfläche der Erde – eine Reise, die Tausende von Menschen auf der Suche nach einer Zuflucht noch immer tagtäglich auf sich nehmen. Andere Arbeiten entweichen aus dem Fridericianum: Daniel Knorrs dampfende Intervention Expiration Movement (2017) strömt aus dem Zwehrenturm hervor; Banu Cennetoğlus Buchstaben an der Stelle des ursprünglichen Schriftzugs MUSEUM FRIDERICIANUM markieren die Geschichte des Ortes und geben eine Stellungnahme zum heutigen Kassel und im weiteren Sinne zum Bollwerk Europa ab.

Gepostet in Öffentliche Ausstellung
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