TV Politics

Ein Filmprogramm der documenta 14 mit Alberto Grifi, Isuma Productions, Sarah Maldoror, Alanis Obomsawin, Nagisa Oshima und Mohamed Soueid in den BALi-Kinos
22. Juni – 15. September

Mit dem Entstehen vernetzter Technologien ist das Fernsehen, wie wir es einst kannten, zu einem historischen Artefakt geworden. Fernsehsender werden schrittweise in digitale Online-Plattformen integriert und überleben als oder unter dem Dach großer Medienkonzerne, die nach neuen Modellen zur wirtschaftlichen Verwertung von Nutzeraufmerksamkeit suchen. Im heutigen neoliberalen Umfeld lässt sich das Verständnis von Demokratie immer weniger von dem des Marktes unterscheiden: Die radikale Demokratisierung der Medien durch das Internet ist heute vollends mit der ökonomischen Valorisierung von Nutzerverhalten verflochten.

In der Rückschau erscheint das zentralisierte, staatlich dominierte Fernsehen der 1960er, 70er und 80er Jahre gerade wegen seines einseitigen und nicht-diversifizierten Charakters als das Massenmedium wie eine einzigartige historische Konstellation. Das Ringen um Darstellung erfolgte durch Ansprache eines Massenpublikums in einem Rahmen, der sich vom Markt unterschied.

Seit seiner Erfindung steht das Fernsehen im Fokus leidenschaftlicher Debatten und Proteste, samt dem Vorwurf der Manipulation, der Steuerung der Massen und des Autoritarismus. Diese Debatten wurden von Fragen der Ideologie, der Repräsentation und der Beziehung zwischen Kulturindustrie und Staat beherrscht. In den 1990er Jahren verschoben sich die Parameter jedoch grundlegend. In Zeiten ubiquitärer Medien verlagerten sich medienpolitische Belange von einst so beherrschenden Themen wie dem „passiven Zuschauer“ und dem „Spektakel“ hin zu Phänomenen personalisierter und auf Rückmeldung beruhender „Filterblasen“, die eine polit sche Medienkritik umso komplexer gemacht haben.

TV Politics ist ein Filmprogramm, das einige der wichtigsten Versuche seit der Mitte des 20. Jahrhunderts, einen radikalen fernsehpolitischen Ansatz zu formulieren, rekapituliert. Es erinnert an filmische Arbeiten, die speziell dafür konzipiert wurden, das Potenzial des Fernsehens zu überdenken, und gleichzeitig eine andere Art von Analyse der gesellschaftlichen und kulturellen Realität liefern wollten.

In konkreten politischen Kämpfen begründet, werfen diese Beispiele reflexiver und kritischer Fernsehpolitik noch immer Fragen auf, die über eine konkrete Zeit und ein spezifisches Medienparadigma hinausgehen und einen notwendigen Nährboden für eine Kritik der heutigen Bilderproduktion bieten.

Das von Hila Peleg organisierte TV Politics besteht aus sechs Filmprogrammen, die sich jeweils dem Œuvre einzelner international renommierter Filmemacher_innen widmen, die dem Medium Fernsehen wegweisende Impulse verliehen haben. Eingeführt wird in die Filme von Filmkurator_innen und Filmwissenschaftler_innen.


22., 29. Juni*
Being Camelia (Auswahl, 1994), Mohamed Soueid, Libanon, 5 min. Arab. mit engl. Untertiteln
The Sky Is Not Always Above (2006), Mohamed Soueid, Libanon/UAE, 93 min. Arab. mit engl. Untertiteln
* mit einer Präsentation von Rasha Salti

23., 30. Juni
Being Camelia (Auswahl, 1994), Mohamed Soueid, Libanon, 5 min. Arab. mit engl. Untertiteln
How Bitter My Sweet (2009), Mohamed Soueid, Libanon/ UAE, 2009, 90 min. Arab. mit engl. Untertiteln
* mit einer Präsentation von Rasha Salti

6. Juli*, 27. Juli
Léon G. Damas (1994), Sara Maldoror, Frankreich, 26 min. Franz. mit engl. Untertiteln
Aimé Césaire – un, un homme ute terre (1976), Sarah Maldoror, Martinique/ Frankreich, 52 min. Franz. mit engl. Untertiteln
* mit einer Präsentation von Annouchka de Andrade und Brigitte Rollet

7. Juli*, 28. Juli
Monangambee (1968), Sarah Maldoror, Frankreich, 11 min. Franz. mit engl. Untertiteln
Et les chiens se taisaient (1978), Sarah Maldoror, Frankreich, 13 min. Franz. mit engl. Untertiteln
Aimé Césaire – le masque des mots (1986), Sarah Maldoror, Frankreich, 52 min. Franz. mit engl. Untertiteln
* mit einer Präsentation von Annouchka de Andrade und Brigitte Rollet

13. Juli*, 3. August
Incident at Restigouche (1984), Alanis Obomsawin, Kanada, 46 min. Engl.
The People of the Kattawapiskak River (2012), Alanis Obomsawin, Kanada, 78 min. Engl.
* mit einer Präsentation von Alanis Obomsawin und Candice Hopkins

14. Juli*, 4. August
Nipi (voice) (1999), Isuma Productions, Kanada, 151 min. Inuktitut mit engl. Untertiteln
* mit einer Präsentation von Norman Cohn, Zacharias Kunuk und Candice Hopkins

20. Juli*, 17. August, 14 Uhr, 17 Uhr, 20:30 Uhr
The Dawn of Asia, parts 1–6 (1964), Nagisa Oshima, Japan, 318 min. Jap. mit engl. Untertiteln
* mit einer Präsentation von Go Hirasawa und Sabu Kohso

21. Juli*, 18. August, 14 Uhr, 17 Uhr, 20:30 Uhr
The Dawn of Asia, parts 7–13 (1964), Nagisa Oshima, Japan, 371 min. Jap. mit engl. Untertiteln
* mit einer Präsentation von Go Hirasawa und Sabu Kohso

10. August*, 31. August
Being Camelia (Auswahl, 1994), Mohamed Soueid, Libanon, 5 min. Arab. mit engl. Untertiteln
Cinema Fouad (1993), Libanon, 41 min. Arab. mit engl. Untertiteln
Tango of Yearning (1998), Mohamed Soueid, Libanon, 70 min. Arab. mit engl. Untertiteln
* mit einer Präsentation von Mohamed Soueid und Rasha Salti

11. August*, 1. September
Being Camelia (Auswahl, 1994), Mohamed Soueid, Libanon, 5 min. Arab. mit engl. Untertiteln
Nightfall (2002), Mohamed Soueid, Libanon, 80 min. Arab. mit engl. Untertiteln
* mit einer Präsentation von Mohamed Soueid und Rasha Salti

24. August*, 14. September
Verifica Incerta (1964–1965), Gianfranco Baruchello und Alberto Grifi, Italien, 30 min. Ital. mit engl. Untertiteln
Festival del Proletariato giovanile al Parco Lambro (1976), Alberto Grifi, Italien, 30 min. Ital. mit engl. Untertiteln
Dinni e la Normalina (la videopolizia psichiatrica contro i sedicenti nuclei di follia militante) (1977), Alberto Grifi, Italien, 27 min. Ital. mit engl. Untertiteln
* mit einer Präsentation von Marco Scotini

25. August*, 15. September
Michele alla ricerca della felicità (1978), Alberto Grifi, Italien, 23 min. Ital. mit engl. Untertiteln
Argonauti, Evviva! (1968), Alberto Grifi, Italien, 18 min. Ital. mit engl. Untertiteln
Lia (1977), Alberto Grifi, Italy, 26 min. Ital. mit engl. Untertiteln
Anna (Exzerpt, 1975), Alberto Grifi and Massimo Sarchielli, Italien, 30 min. Ital. mit engl. Untertiteln
* mit einer Präsentation von Marco Scotini

Gepostet in Notizen am 07.06.2017