Aboubakar Fofana

Getrocknete Ngalama-Blätter, die für den Färbetopf vorbereitet werden, Foto: Riley Salyards

Aboubakar Fofana, Ka touba Farafina yé (Afrika-Segen), 2017, 54 Lämmer, der afrikanische Kontinent, Indigo, Weideland, Menschen, Landwirtschaftliche Universität Athen, documenta 14, Foto: Stathis Mamalakis

Aboubakar Fofana, Fundi (Aufstand), 2017, verschiedene Materialien, Installationsansicht, ​documenta Halle, Kassel, documenta 14, Foto: Roman März

Aboubakar Fofana, geboren 1967 in Mali, verließ Afrika schon in jungen Jahren, um sich in Paris niederzulassen. Sein ursprüngliches Interesse galt der Kalligrafie. Fasziniert von Zeichen und Spuren griff er auf westliche wie östliche Traditionen zurück, um ein Meister seines Fachs zu werden. Er fragte sich, ob Afrika nicht Ähnliches zu bieten habe, als ihm durch mehrere Zufallsereignisse ein Schatz mit Schriften des Kontinents in die Hände fiel. Diese vielfältigen schriftlichen Ausdrucksformen – manche alt, manche modern – bildeten die Basis für seine erste große Ausstellung, die der romantischen Vorstellung entgegentrat, alle afrikanischen Gesellschaften gehörten mündlichen Traditionen an. Gleichzeitig spiegelte die Ausstellung die spirituelle Hinwendung des Künstlers zu Afrika als Quelle der Inspiration wider. Und dann erinnerte sich Fofana an eine Pflanze, die er als kleiner Junge im Wald gesehen hatte, eine Pflanze mit gewöhnlichen grünen Blättern, die beim Zerreiben die Finger blau färbten.

Er kehrte nach Westafrika zurück und unternahm ausgedehnte Reisen in der Region, auf der Suche nach Menschen, die ihn lehren konnten, eine fermentierte Indigoküpe herzustellen. Doch diese Fertigkeit war bereits vor seiner Geburt verloren gegangen und durch chemische Farbstoffe ersetzt worden. Nur Bruchstücke dieses Wissens waren noch vorhanden. Einen großen Teil der gesuchten Informationen fand Fofana in einer Bibliothek in Paris, in Form von Berichten aus der Zeit vor der Unabhängigkeit, die auf trockenen Blättern das westafrikanische Alltagsleben beschrieben. Viele Jahre pendelte der Künstler zwischen diesen Welten, sammelte fragmentarisches Wissen an beiden Orten und versuchte, es praktisch umzusetzen.

Das greifbare Ergebnis seiner Bemühungen entspringt einer spirituellen Praxis, die getragen ist von einem elementaren Glauben an die göttliche Natur – das ist auch die Art, wie Fofana seine Mitmenschen an dieser Praxis teilhaben lässt. Seine Fähigkeiten haben sich über Jahrzehnte entwickelt, in denen er lernte, im Einklang mit den Kräften der Natur zu handeln, und so prägen auch seine Materialien, ihre Eigenschaften und Beschränkungen, alle Aspekte seiner Arbeit. Seine Indigoküpen sind lebendig. Sie enthalten nur wenige Bestandteile und keinerlei Chemikalien – die Farbe wird allein durch die zerstoßenen, getrockneten Indigoblätter erzeugt. Bakterien, in der Küpe sorgsam herangezogen, schließen das Pigment Indigotin in den Blättern auf und reduzieren es zu einer Form, in der es direkt auf dem Stoff oxidieren kann.

Fofanas Werk ist als bewusster Versuch zu verstehen, seine Techniken und Materialien ebenso zu bewahren und zu schützen wie das Umfeld und die Philosophien, die sie hervorgebracht haben. Die natürliche Welt in Kombination mit unseren menschlichen Fähigkeiten ist für ihn unser aller Anfangs- und Endpunkt zugleich.

— Johanna Macnaughtan

Gepostet in Öffentliche Ausstellung
Auszug aus dem documenta 14: Daybook
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