Keimena #9: The Forgotten Space
von Allan Sekula und Noël Burch

Montag, 13. Februar 2017, 24.00 Uhr auf ERT2
The Forgotten Space, 2010, USA, 112 Min.
Regie: Allan Sekula und Noël Burch

Der US-amerikanische Künstler Allan Sekula schuf The Forgotten Space als Antwort auf die Einladung, ein Kunstwerk für den öffentlichen Raum zu entwerfen. Er vertrat die Ansicht, dass es wichtig sei, das Fernsehen als einen solchen öffentlichen Raum zu betrachten, und machte sich gemeinsam mit seinem Co-Regisseur, dem in Paris lebenden US-amerikanischen Filmtheoretiker Noël Burch, daran, einen Film für das staatliche kanadische Fernsehen zu drehen.

Dem lag die Idee zugrunde, die öffentliche Aufmerksamkeit für einen Ort zu sensibilisieren, der oft dem Blick entzogen bleibt oder zu weitläufig ist, als dass er überhaupt je in den Blick geräte, selbst dann, wenn er für das Getriebe der Weltökonomie ein ganz wesentlicher ist. Gemeint ist der Ort, an dem die Globalisierung auf das Meer trifft: der Hafen.

Bis zu seinem viel zu frühen Tod im Jahr 2013 war Sekula ein unermüdlicher Chronist der Häfen, der Seefahrt und all der Leben, die von der Standardisierung von globaler Produktion, weltweitem Transportwesen und Welthandel betroffen sind. In Galerien und Museen präsentierte er Kombinationen von Fotografien und Texten, Dias und Tonaufnahmen. In Noël Burch fand er schließlich einen Meister der filmischen Form, der ihm dabei half, das Material seiner eigenen umfangreichen Recherchetätigkeit in einen prägnanten „Essayfilm“ zu übersetzen. Mit seiner Länge von etwas unter zwei Stunden kann er heute problemlos im öffentlichen Raum des Fernsehens gezeigt werden. The Forgotten Space verbindet die weit voneinander entfernten Orte und die Menschen der Häfen von Rotterdam, Hong Kong, Los Angeles und Bilbao miteinander und mit dem Hinterland von China und Europa. Es handelt sich um eine Art Detektivgeschichte über den Betrieb des Globalkapitals, präzise und poetisch von Sekula selbst erzählt.

Dieser Film enthält viele Hinweise, die dabei helfen können, die Sackgasse, in der Athen heute im Rahmen einer breiter gefassten globalen Ökonomie steckt, zu verstehen. Außer Zweifel aber steht, dass man die fortschreitende Abtretung der Kontrolle über den Hafen von Piräus an die chinesische Cosco Holdings Company nur dann zur Gänze begreifen kann, wenn man The Forgotten Space gesehen hat…

—Monika Szewczyk, Kuratorin documenta 14

Gepostet in Öffentliches Fernsehen am 13.02.2017