Black and White Perspectives of the Thomas Dick Photographic Collection

SEP
15
Vortrag und Diskussion
20:30 Uhr
Museum für Sepulkralkultur, Weinbergstraße 25, Kassel
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Vortrag von John Heath, Mitglied der Gemeinschaft der Birpai und Beauftragter für kulturelle Entwicklung der Aboriginal und Torres Strait Islander Community des Port Macquarie-Hastings Council

Vorgestellt von Pierre Bal-Blanc, Kurator der documenta 14. Im Anschluss besteht die Möglichkeit, Fragen zu stellen.

Für John Heath war die Sammlung von Thomas Dick mehr als nur eine Fotosammlung. 1974 identifizierte er mehrere Mitglieder seiner Familie in Dicks Arbeiten und nahm sich vor, die sie umgebende Welt zu zeigen. Eine Welt realer Begebenheiten, in der reale Menschen leben, viel größer und weiter als die vom Auge der Kamera wahrgenommene und erschaffene Welt. Seine Arbeiten zeigen die abgelichteten Personen in ihrer natürlichen Umgebung, in ihrem sozialen und historischen Kontext. Aus Gründen des Respekts werden ihre Namen genannt. Wir erfahren, wer sie waren, welchen Tätigkeiten sie nachgingen, welche Leistungen sie erbrachten und welchen Herausforderungen sie sich stellten. Dicks lebensechten, aber ansonsten anonymen Bildern wird neues Leben eingehaucht. Wir sehen echte Menschen, Familien mit einer bis zum heutigen Tag durchgängigen Abstammungslinie. Die stummen Figuren aus einem stummen, zweidimensionalen Vakuum werden lebendig, und ihre Schicksale werden in den Schwarzweiß-Perspektiven der Sammlung Thomas Dick erzählt.

Um das Interesse an „exotischen“ Kulturen zu befriedigen, oder um die Eigenschaften eines angeblich aussterbenden Volkes festzuhalten, lichtete man in der Ethnografie die Menschen einfach nur ab, für künftige Betrachter_innen gab es kaum oder gar keine schriftlichen Kommentare. Die Fotografien selbst sollten die Geschichte erzählen, ihr eigener, beschränkter Kontext musste genügen. Abgesehen von allgemeinen Beschreibungen wie „australischer Eingeborener“ blieben die Abgelichteten anonym. Gelegentlich wurde eine kurze Bemerkung zu ihrer Tätigkeit hinzugefügt, wie „Eingeborene beim Fischfang“.

Thomas Dick, der dieser Tradition verhaftet war, hatte in den Jahren von 1910 bis 1920 ein um Port Macquarie herum angesiedeltes, bemerkenswertes Werk erschaffen. „Erschaffen“, da Dick nicht die damalige Wirklichkeit der Aborigines festhielt, sondern einen Typus erschuf. Er erschuf eine Welt vor dem Eindringen der Weißen, an die er und andere mit einer gewissen Wehmut zurückdachten. Dick zeigte Aborigines in ihrer präzivilisatorischen Bekleidung und an „traditionellen“ Plätzen, wo sie ihrer Arbeit nachgingen und von „Forscher_innen wie John Oxley beobachtet wurden“. In vielerlei Hinsicht imitierte er die Fotografen des 19. Jahrhunderts, doch machte er Aufnahmen, die die Aborigines so zeigten, wie sie seiner Meinung nach früher gelebt hatten.

Thomas Dick, Schwarz-Weiß-Fotografie, 1910, Sammlung Thomas Dick, Australian Museum, Sydney, Installationsansicht, Museum für Sepulkralkultur, Kassel, documenta 14, Foto: Liz Eve

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