Chittaprosad
(1915–1978)

Chittaprosad, Installationsansicht, Neue Galerie, Kassel, documenta 14, Foto: Mathias Völzke

Chittaprosad, Illustration für „Brahm Daitya ki Mukti; An Old Bengali Folktale“ Haftawar Bulletin (1. Februar 1964), Sammlung Ashish Anand, Neu-Delhi, Installationsansicht, Neue Galerie, Kassel, documenta 14, Foto: Mathias Völzke

Die Hungersnot in Bengalen 1943–44 kostete während des Zweiten Weltkriegs über drei Millionen Menschen im noch ungeteilten Indien das Leben. Die Subjekte der Kolonie unterstützten den Krieg im Westen, was eine Umleitung der Lebensmittelressourcen, eine wirtschaftlichen Schwächung aufgrund der kriegsbedingten Industrieproduktion und den Einsatz tausender einheimischer Soldaten unter den alliierten Truppen bedeutete.

Angesichts der drohenden japanischen Invasion Burmas setzte die britische Kolonialverwaltung auf eine Strategie der verbrannten Erde und eine Verweigerung des Bootsverkehrs, was zu einer massiven Hungersnot, Vertreibung, chronischen Erkrankungen und privatem Horten und Preistreiberei durch die Elite der Großgrundbesitzer in den bengalischen Provinzen führte. Die Katastrophe resultierte zwar aus der Politik des Empire, aber der Import von Getreide und ausländischer Hilfe wurde durch die feindselig eingestellte Regierung Winston Churchills noch weiter behindert.

Chittaprosads grafische Kunst drückt den Kampf gegen die koloniale Unterdrückung und ein revolutionäres Bewusstsein aus, das bis heute nicht an Bedeutung verloren hat. Er erhielt zwar keine formelle künstlerische Ausbildung, wurde aber von Puran Chand Joshi, dem Parteisekretär der Kommunistischen Partei Indiens vor dem Hintergrund der indischen Freiheitsbewegung der 1930er und 40er ermutigt, seine künstlerische und linke politische Bildung fortzusetzen. Als aktives Mitglied der KP trug Chittaprosad zusammen mit Künstlern wie Zainul Abedin und dem Fotografen Sunil Janah zu deren Wochenzeitung People’s War (später People’s Age) bei, mit denen er während der bengalischen Hungersnot 1943–44 zusammen reiste. Während Janahs Fotos von der massiven Hungersnot weltweit verbreitet wurden und unter der kolonialen Zensur Hilfsleistungen anliefen, entwickelte sich Chittaprosads berühmte illustrierte Reportage Hungry Bengal (1943) zu einer persönlichen Reise durch Midnapur, wo er detaillierte Studien der vertriebenen und gebrochenen Familien, der politischen Apathie der Elite der Grundbesitzer und der sich zersetzenden Leichen in den Feldern anfertigte. Zwischen den Städten, dem Flussdelta an der Küste und den Landstrichen des noch ungeteilten Bengalens beobachteten Chittaprosad und Janah Tod und Krankheit auf dem Land und auf den Straßen und Basaren von Kalkutta. Das People’s Publishing House in Bombay veröffentlichte das Pamphlet Hungry Bengal, aber bis auf ein Exemplar wurden alle 5.000 Kopien sofort von der britischen Verwaltung beschlagnahmt und vernichtet.

In den Jahren nach der Unabhängigkeit distanzierte sich Chittaprosad von der Kommunistischen Partei und verließ Kalkutta, um sich der Friedensförderung zu widmen. Er gründete ein Marionettentheater für Kinder in den ärmsten Stadtteilen von Mumbai.

Gepostet in Öffentliche Ausstellung
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