Hallucinations / Live / Cinema / Festival

Sarah Rara, A Ray Array, 2011, Videostill

22.–24. Juni 2017, Griechisches Filmarchiv (Tainiothiki), Athen

Mit: Leo Abrahams x Sophia Brous x Oliver Coates, Basma Alsharif, Erika Balsom, Jean-Pierre Bekolo, Peter Burr, Lakis & Aris Ionas / The Callas, Ximena Cuevas, Alexandre Estrela, Lyra Hill, Ken Jacobs, Shanay Jhaveri, Kapwani Kiwanga, Karrabing Film Collective, Lucky Dragons, MSHR, Ulrike Ottinger und Makino Takashi

Ein Projekt von Ben Russell für documenta 14


Jeden Morgen schrecken wir aus dem Schlaf auf, die Pupillen noch geweitet vom grellen Chaos der Träume, der Körper schweißgebadet von einer ungewöhnlichen, aber immer vertrauter werdenden Hitze. Durch das Dröhnen eines weiteren, ruhelosen Morgens weht ein Popsong aus den 1980ern durch die Wände, wie für das Anthropozän umgeschrieben: „we are the world“. Wir reiben uns den Schlaf aus den Augen und checken das Neueste im 24-Stunden-Nachrichten-Zyklus, schockiert, dass wir uns im Dickicht einer neuen Runde von ethnischen Genoziden, terroristischer Attacken, rassistischer und migrantenfeindlicher Gewalt, Apartheid-Staaten, White-Supremacy-Bewegungen, Sparmaßnahmen, ausbeuterischer Wirtschaftssysteme und, wie es scheint, unendlich viel mehr wiederfinden. Der politische Irrsinn des Jetzt ist unaufhörlich konfus und bestürzend: das Parallaxenbild einer unentrinnbaren Gegenwart.

Mit den Schrecken dieser globalen Achsenverschiebung konfrontiert, schreit unten auf der Straße eine Stimme auf, wie aus einer schmerzhaften Halluzination heraus. Wir verstehen den Schrei und erwidern: Lasst uns auch halluzinieren! Stellen wir uns der Realität, lassen wir die Realität kopfüber kreisen, um all ihre Facetten gleichzeitig zu betrachten! Verlieren wir uns ganz und gar, um uns neu zu finden! LASST UNS HALLUZINIEREN! Fangen wir also an, in der Dunkelheit versammelt, um das Licht zu halluzinieren. Von der psychedelischen Vision über den Zeitreisebericht zur postkolonialen Kritik (und all den Lügen dazwischen) betrachten wir das Kino in all seinen transformativen, transzendenten und utopischen Möglichkeiten und verlangen, dass es uns vorwärts trägt – nicht als Rettungskapsel, sondern als Eintrittsvehikel, als Instrument für aktive Auseinandersetzung mit dem Delirium der Gegenwart.

Mit über vierzig Projektionen, Aufführungen und Installationen von über zwanzig Künstlern, Musikern und Kuratoren ist HALLUCINATIONS ein grundlegendes Angebot zur Echtzeit-Veränderung. Drei Tage lang erklärt HALLUCINATIONs am Tainiothiki/Griechischen Filminstitut, das Kino zum aktiven Ort des Widerstands, der Regeneration und Entfaltung. In sechszehn Programme, jedes nach einer anderen Form von Wahrnehmungsphänomenen benannt, lädt HALLUCINATIONs offenen Auges dazu ein, kritisch einzutauchen und sich physisch überwältigen zu lassen, immer wieder eine Reihe radikaler Wahrnehmungserfahrungen zu durchlaufen – und erst anzukommen, wenn wir ver-/gelernt haben, die Welt, die wir sind, wie wir sind, zu sehen und zu hören.

Ben Russell


22. JUNI: HALLUCINATIONS #1–5

HALLUCINATION #1: A CONSTANT PRESENT

  • 17–19 Uhr Lobby
    Handmade 3D Organic Noise Workshop mit Makino Takashi
  • 17 Uhr Lobby
    MOS von Lucky Dragons (Audio-Installation, work in progress, 2017)
    Simulated Mortar Array von MSHR (Video, work in progress, 2017)
  • 17 Uhr Gallery
    Pattern Language von Peter Burr (Vierkanal-Videoinstallation, 2016)

HALLUCINATION #2: APPARITIONAL EXPERIENCE

  • 17–20 Uhr Cinema 1
    Tropical Malady von Apichatpong Weerasethakul (118 Min., 35 mm, 2005)

    Doppelgängig von Basma Alsharif (45 Min., Performance, 2014)

HALLUCINATION #3: MICROPSIA

  • 17–20:30 Uhr Cinema 2
    Chamissos Schatten, Kapitel 1: Alaska und die Aleutischen Inseln von Ulrike Ottinger (192 Min., DCP, 2016)
  • 21 Uhr Cinema 1
    Chamissos Schatten, Kapitel 2/Teil 1: Tschukotka von Ulrike Ottinger (192 min., DCP, 2016)

HALLUCINATION #4: PARESTHESIA/PARACUSIA

  • 21–23 Uhr open-air
    Breathe With Cube von Lyra Hill (15 Min., Performance, 2017)
    No Escape: Programm mit Werken von Ximena Cuevas: Devil in the Flesh (1998), Parrot’s Saliva (1999), The Door (2000), Staying Alive (2001) und Kansas Avenue (1999) (TRT 18 Min., Video)
    When the Dogs Talked von Karrabing Film Collective (34 Min., DCP, 2014)
    visionreport von Lucky Dragons (30 Min., Performance, 2017)

HALLUCINATION #5: HYPNAGOGIA

  • 23 Uhr open-air
    Aristotle’s Plot von Jean-Pierre Bekolo (68 Min., 35 mm, 1996)*
    *Vorführung mit freundlicher Unterstützung von La Cinémathèque Afrique/Institut Française
    On Generation and Corruption von Makino Takashi (26 Min., DCP, 2017)


23. JUNI: HALLUCINATIONS #6–10

HALLUCINATION #6: SIMULATED REALITY

  • 17–00 Uhr Gallery
    Integrated Space Transducer von MSHR (Virtual Reality-Installation, work in progress, 2017)
  • 17–00 Uhr Lobby
    MOS von Lucky Dragons (Audio-Installation, work in progress, 2017)
    Eternalisms von Ken Jacobs (Video, work in progress, 2015–2017)

HALLUCINATION #7: AUTOSCOPY

  • 17–20 Uhr CINEMA 1
    Cinepolis, the Film Capital von Ximena Cuevas (22 Min., 34 Sek., Video, 2003)
    „In Postcolonial India: Perceiving Transition“, kuratiertes Programm von Shanay Jhaveri: Nostalgia for the Future von Rohan Shivkumar und Avijit Mukul Kishore (2016) & TBA (150 Min., Filnvorführung und Diskussion, unterschiedliche Formate)

HALLUCINATION #8: MACROPSIA

  • 17–19.45 Uhr Cinema 2
    Chamissos Schatten, Kapitel 2/Teil 2: Tschukotka und Wrangelinsel von Ulrike Ottinger (155 Min., BluRay, 2016)
  • 21–00Uhr Cinema 1
    Chamissos Schatten, Kapitel 3: Kamtschatka und Beringinsel von Ulrike Ottinger (174 Min., DCP, 2016)

HALLUCINATION #9: THE DREAMFISH

  • 21–23 Uhr open-air
    Holding Ground von Leo Abrahams x Sophia Brous x Oliver Coates (40 Min., Performance, 2017)
    Marsa Abu Galawa von Gerard Holthuis (13 Min., 35 mm, 2004)
    Wutharr, Saltwater Dreams von Karrabing Film Collective (30 Min., DCP, 2016)
    It All Depends (On You) von Lyra Hill (10 Min., Performance, 2017)

HALLUCINATION #10: THE DREAMFISH (Fortsetzung)

  • 23–00 Uhr open-air
    The Great Eastern von Lakis & Aris Ionas/The Callas (120 Min., DCP und Live-Performance, 2016)


24. JUNI: HALLUCINATIONS #11–16

HALLUCINATION #11: PHANTOM EYE SYNDROME

  • 17–00 Uhr Gallery
    Rabbid Tuck von Alexandre Estrela (Einkanal-Installation, 2017)
  • 17–00 Uhr Lobby
    MOS von Lucky Dragons (Audioinstallation, work in progress, 2017)
    Phantom Orbits von Peter Burr (Video, work in progress, 2017)

HALLUCINATION #12: THE CONFUSIONAL STATE

  • 17–20 Uhr Cinema 1
    Time/Travel: Ulrike Ottinger und Erika Balsom (50 Min., Gespräch)
    Naked Reality von Jean-Pierre Bekolo (65 Min., DCP, 2016)
    Endless Cinema von Makino Takashi (45 Min., Performance mit mehreren Projektoren, 2017)

HALLUCINATION #13: PHANTOSMIA

  • 17–20 Uhr Cinema 2
    Two Wrenching Departures von Ken Jacobs (90 Min., Video, 2006)
    In Calcutta: Modernity and its Contradictions, kuratiertes Programm von Shanay Jhaveri: Calcutta: A Doomed City von Films Division (1970), Calcutta Unedited von M.F. Husain (1972), Kolkata by Mark Lapore (2005) und La Noche Bengali von Narcisa Hirsch (1980) (90 Min., Filmvorführung und Diskussion, 16mm und Video)

HALLUCINATION #14: CHARLES BONNET SYNDROME

  • 21–23 Uhr Cinema 1
    Tom, Tom, the Piper’s Son von Ken Jacobs (111 Min., 16 mm, 1969)

HALLUCINATION #15: ANOMALOUS EXPERIENCE

  • 21–23 Uhr open-air
    Breath Breathe With With Cube Cube von Lyra Hill (15 Min., 16mm-Performance, 2017)
    Alone With the Moon von Peter Burr (14 Min., Video, 2012)
    Afrogalactica von Kapwani Kiwanga (45 Min., Vortrag/Performance, 2017)
    MSHR von MSHR (30 Min., Performance, 2017)
    It All Depends (ON YOU) von Lyra Hill (10 Min., Performance, 2017)

HALLUCINATION #16: FALSE AWAKENING

  • 23–1 Uhr open-air
    Freak Orlando von Ulrike Ottinger (120 Min., 35 mm, 1981)


Peter Burr, Mark Fingerhut und Forma, Descent (2017), Computeranwendung
Eine virale Meditation über eine der schwärzesten Stunden der Menschheit. In der Form einer Desktopanwendung gewährt descent.exe dem User einen flüchtigen Einblick in eine Welt, die in der Dunkelheit verschwindet – eine unerbittliche Heimsuchung, der die Probleme des Users gleichgültig sind.
DOWNLOAD DESCENT.EXE (nur PC)

Gepostet in Notizen am 16.06.2017
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